(01.05.2012) Fachpolitische Forderungen zur aktuellen Situation der Unbegleiteten Minderjährigen Flüchtlinge in Deutschland

Eine Jugendhilfe für alle Kinder und Jugendliche!

Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge (UMF) sind qua Gesetz eine reguläre Zielgruppe des Kinder- und Jugendhilfesystems. Viele Bundesländer haben in den letzten Jahren Inobhutnahme-Stellen und Clearinghäuser für UMF geschaffen bzw. ausgebaut, nur bei einigen verbliebenen Ländern fehlt bislang der politische Wille, dass alle Minderjährigen, auch die 16-17-jährigen Jungen, im Rahmen der Jugendhilfe versorgt werden müssen, ganz gleich welcher Nationalität sie angehören. Die bundesweit tätigen Fachverbände für Erziehungshilfen, Internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen ( IGfH ) und Evangelischer Erziehungsverband ( EREV ) fordern,

  • dass die Inobhutnahme von Unbegleiteten Minderjährigen Flüchtlingen nur in Einrichtungen durchgeführt wird, die eine Betriebserlaubnis i.S.v. § 45 SGB VIII für Inobhutnahmen nach § 42 SGB VIII haben.
  • die Regelungen des § 42 SGB VIII sowohl in den entsprechenden Gesetzen als auch in den entsprechenden Weisungen an die Bundespolizei als vorrangig zu verankern. Auch vom Flughafenverfahren sind UMF ohne Einschränkungen auszunehmen, da dieses nicht mit dem Kindeswohl vereinbar ist.Kinderschutz geht vor Grenzschutz.
  • die Handlungsfähigkeit in Asyl- und Aufenthaltsrecht von 16 auf 18 Jahre anzuheben. Damit gilt eine einheitliche Altersgrenze für alle jungen Menschen. Gleichzeitig ist analog der Regelungen in § 159 FamFG eine  Pflicht zur Anhörung von UMF in allen asyl- und aufenthaltsrechtliche Verfahren ab dem 14. Lebensjahr einzuführen.
  • das Hilfeplanverfahren gemäß § 36 SGB VIII zum zentralen Instrument beim Umgang mit UMF weiter zu entwickeln und die regelmäßige Bestellung einer Ergänzungspflegschaft, bzw. die Hinzuziehung eines geeigneten Rechtsanwalts durch das jeweilige Jugendamt.

Bereits im Nationalen Aktionsplan für ein kindergerechtes Deutschland (2005-2010) sind u.a. die Ziele einer Unterbringung der unbegleiteten Jugendlichen in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe mit strukturiertem Clearingverfahren im Rahmen der Inobhutnahme klar definiert und als politische Ziele benannt worden. Auch das am 23.05.2012 veröffentlichte Papier des AFET verweist erneut auf diese Handlungserfordernisse. Aus Sicht von IGfH und EREV ist nun dringend notwendig, die fachpolitischen Debatten schnell in die Praxis zu überführen, um endlich allen Unbegleiteten Minderjährigen Flüchtlingen den Zugang zur Jugendhilfe zu ermöglichen.

Vorstand der Internationalen Gesellschaft für erzieherische Hilfen (IGfH)
Vorstand des Evangelischen Erziehungsverband e.V. (EREV)

Frankfurt am Main/ Hannover, im Mai 2012

IGFH e.V., Galvanistr. 30, 60486 Frankfurt/Main, www.igfh.de
EREV e.V., Flüggestraße 21, 30161 Hannover, www.erev.de V.i.S.d.P.

Datum