Allein erziehend - Erziehungshilfe

ForE 5-2005

Allein erziehen vor allem immer mehr Frauen ihre Kinder in ganz Europa. Allein erziehen heißt, gute Managementkompetenzen für den Alltag aufzubauen, allein für den Lebensunterhalt aufkommen zu müssen und vieles mehr. Allein erziehen aber auch Ein-Eltern-Familien nicht ganz, denn Freunde, Großeltern, soziale Netzwerke, ausreichend flexible Kinderbetreuungsangebote, privatwirtschaftliche finanzielle und arbeitszeitliche Regelungen stützen mit.

Wenn diese stützenden materiellen, emotionalen, infrastrukturellen Faktoren aber nicht zur Verfügung stehen, sind Alleinerziehende und ihre Kinder besonders von Risiken und Belastungen betroffen. In solchen Lebenslagen gewinnt häufig eine Erziehungshilfe an Bedeutung. Und umgekehrt ist das Feld der Erziehungshilfen ein wichtiges Arbeitsfeld für Alleinerziehende wie es zum Beispiel die Erziehungsstellen zeigen. Ein Fachverband der Erziehungshilfe, wie die IGfH , die diese Zeitschrift herausgibt und betreut, muss sich folglich sozialpolitisch und fachlich der Lebenssituation von Alleinerziehenden, den mit dieser Familien- und Lebensform verbundenen Entwicklungen, Zuschreibungen und Stützungen stellen.

Im Schwerpunktteil des aktuellen Heftes macht dies mit uns zunächst Peggi Liebisch. Sie beginnt die Diskussion aus der Perspektive einer Vertreterin des Bundesverbandes allein erziehender Mütter und Väter. Die Autorin warnt davor – trotz aller Belastungen dieser Lebens- und Familienform –, eine zu enge Fokussierung auf die Familienkonstellation „allein erziehend“ vorzunehmen und strukturelle Mängel der Sozial-, Erziehungs- und Bildungssysteme zur Förderung von defizitären elterlichen Erziehungskompetenzen umzudeuten. Gerda Winzen erweitert unser Gesichtsfeld, indem sie Befunde über die Situation und die soziale Lage von Alleinerziehenden in Ländern der EU vor ihrer Erweiterung zusammenfasst. Sandra Fendrich und Jens Pothmann stellen Analysen und Auswertungen der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik zu Alleinerziehendenfamilien und der Inanspruchnahme sowie Beendigung von Erziehungshilfen vor. Sie weisen aber auch auf die hoch selektive und unterschiedliche Gewährungspraxis in den einzelnen Bundesländern und Jugendämtern hin, die auch auf die unterschiedliche Sensibilisierung von MitarbeiterInnen der Sozialen Dienste für diese Lebensform hindeuten könnte. Dieter Kreft wagt anschließend einen sehr persönlichen Zwischenruf und erzählt über die „anarchistische Freiheit“ in den Ein-Eltern-Familien der Nachkriegszeit. Schließlich rundet Brigitte Ettinger in Form eines Praxisbeitrages den Themenschwerpunkt ab, indem sie von einer Angebotskombination für Alleinerziehende innerhalb der Jugendhilfe jenseits des § 19 SGB VIII berichtet. Sie schreibt über Stützungsprozesse bei männlichen Heranwachsenden aus Ein-Eltern-Familien und der parallel laufenden, aber wechselseitig aufeinander bezogenen Arbeit mit den allein erziehenden Müttern der Jungen. Ein Kasten zum Praxisprojekt KEEP – Königsborner Ein-Eltern-Projekt erinnert dann an vergangene und etablierte erfolgreiche Versuche der Realisierung von zugeschnittenen niedrigschwelligen Anlauf- und Kommunikationsstellen mit Beratungs- und Betreuungsangeboten für Alleinerziehende.

Josef Koch

 

Aus dem Inhalt

Peggi Liebisch:
Politik für Alleinerziehende - Forderungen und Befürchtungen im Hinblickauf die Hilfen zur Erziehung

Gerda Winzen:
Alleinerziehende und ihre Kinder in Europa

Sandra Fendrich, Jens Pothmann:
Kinder und Jugendliche aus Alleinerziehendenfamilien in den Hilfen zur Erziehung Auswertungen und Analysen der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik

Dieter Kreft:
Vom Glück, vaterlos aufzuwachsen ...

Brigitte Ettinger:
Ambulante Angebote für Alleinerziehende (Mütter) und Jungen im Rahmen der Hilfen zur Erziehung

KEEP - Königsborner Ein-Eltern-Projekt Unna - vom Modell zur Regelpraxis

Erscheinungsjahr
2005
Ausgabe
5
Sammelband
Nein
Ausgabe Jahr
2005