Forschungsvorhaben zu Auswirkungen von Beschäftigungsverhältnissen in der Sozialen Arbeit: Online-Fragebogen für Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe

Vor dem Hintergrund der Wahrnehmung u.a. einer zunehmenden Prekarisierung von Beschäftigungsverhältnissen in der Sozialen Arbeit werden in einem aktuellen Forschungsvorhaben Arbeitsverhältnisse und Beschäftigungsbedingungen hauptamtlicher Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe und deren Auswirkungen auf ihr Wohlbefinden und ihre Arbeit in den Blick genommen.

Erfasst werden sollen die vertraglichen Konstruktionen, in denen hauptamtliche Fachkräfte beschäftigt sind (Befristung, Teilzeit, Arbeitszeitlage) und wie zufrieden oder belastet sie mit dieser Situation sind. Die Untersuchung erfolgt im Rahmen der Dissertation von Linda Westheide an der TU Dortmund.

Hauptamtlich beschäftigte Fachkräfte aller Arbeitsbereiche der Kinder- und Jugendhilfe sind dazu eingeladen, an einer Online-Befragung teilzunehmen und damit das Forschungsvorhaben zu unterstützten. Die Befragung dauert 15- bis 30 Minuten und erfolgt anonym. Unter folgendem Link können Sie daran teilnehmen:  https://www.umfrageonline.com/s/KJH

Hintergrund:

Arbeits-und Beschäftigungsbedingungen in der Kinder- und Jugendhilfe und ihre Auswirkungen auf hauptamtliche Fachkräfte – Problemaufriss

Erwerbsarbeit ist sowohl für den Einzelnen als auch für die gesamte Gesellschaft von zentraler Bedeutung. Während sie auf gesamtgesellschaftlicher Ebene die Wirtschaft und den Sozialstaat trägt, ist sie auf individueller Ebene relevant für die Umsetzung und Gestaltung von Lebensentwürfen. So kann gute Arbeit definiert werden als Erwerbsarbeit, die den Lebensunterhalt und damit die Teilhabe an der Gesellschaft sichert (auch über die Erwerbsarbeitsphase hinaus) und Entwicklungsmöglichkeiten sowie Anerkennung für die einzelne Person bereit hält (vgl. Schmucker, o. J.). Die Ausgestaltung der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen ist damit relevant für die Lebensqualität der Einzelnen. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte hat die Flexibilisierung von Beschäftigung zugenommen. Neben das Normalarbeitsverhältnis (unbefristete Vollzeiterwerbstätigkeit mit festen Arbeitszeiten und existenzsicherndem Einkommen) sind neue Formen von Beschäftigungsverhältnissen getreten, die in der Abgrenzung zum traditionellen Erwerbsmodell als atypisch bezeichnet werden. Atypische Beschäftigungsverhältnisse – darunter werden Beschäftigungsverhältnisse in Teilzeit und/oder Befristung, sowie geringfügige Beschäftigung und Zeitarbeit gefasst – sind besonders häufig in weiblich dominierten Arbeitsfeldern, wie dem der Sozialen Arbeit, vertreten. Die Flexibilisierung der Beschäftigungsverhältnisse wird von Beschäftigten als Freiheitsgewinn, aber  auch als Tendenz zur Prekarisierung wahrgenommen (vgl. Eichinger 2009, S. 121). Wichtig ist dabei jedoch nicht die tatsächliche, sondern die empfundene Arbeitsplatzunsicherheit und damit einhergehende Belastungen. Auf diese Weise entfaltet die Ausgestaltung von Beschäftigungsverhältnissen eine Wirkung auf die Gesundheit der Beschäftigten (vgl. Fuchs 2012, S. 425 f.). So verwundert es nicht, dass zeitgleich mit der Zunahme der Prekarisierung sozialer Berufe, auch eine „gravierende Verschlechterung der psychohygienischen Situation von pädagogischen Fachkräften“ (Kessl et. al. 2014, S. 13) einher ging. Die Statistiken der Gesundheitskassen sprechen für sich: Die Beschäftigten in sozialen Berufen sind verhältnismäßig stark belastet. So haben Beschäftigte im Sozialwesen überdurchschnittlich viele Krankheitstage im Jahr, die vor allem durch Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystems sowie psychische Störungen verursacht werden (vgl. Knieps/Pfaff 2016, S. 98 f.). Dabei stellt sich die Frage, wo die Ursachen der Belastungen liegen.  Darüber hinaus konstatieren Karges und Lehner (2003, S. 13) eine mangelnde personelle und finanzielle Ausstattung und veränderte Arbeitsvollzüge, die auf Seiten der Fachkräfte mit drei Lösungsansätzen beantwortet werden: „Ausstieg aus dem Beruf, innere Kündigung oder tapferes Durchhalten auf ‚eigene Kosten´“ (Karges/Lehner 2003, S. 362).

 

Forschungsvorhaben

Die Wahrnehmung einer zunehmenden Prekarisierung von Beschäftigungsverhältnissen in der Sozialen Arbeit, in Verbindung mit Berichten über einen hohen Krankenstand unter den Beschäftigten in sozialen Berufen, sowie eine mangelnde Ausstattung der Organisationen bilden damit die Ausgangslage für das hier vorzustellende Forschungsvorhaben. Die quantitative Studie befasst sich mit den Arbeits- und Beschäftigungsverhältnissen in den Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe. Es soll erfasst werden, in welchen vertraglichen Konstruktionen hauptamtliche Fachkräfte arbeiten (Befristung, Teilzeit, Arbeitszeitlage) und wie zufrieden oder belastet sie  mit dieser Situation sind. Ein weiterer Schwerpunkt ist die subjektive Wahrnehmung der Ressourcenausstattung zur Umsetzung eigener fachlicher Ansprüche. Somit soll untersucht werden, ob die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen eine Erklärung für Bleibe-, aber auch Kündigungsabsichten von Fachkräften bieten, vor allem aber eine belastende, vielleicht auch gesundheitsbeeinträchtigende Wirkung auf sie entfalten. Dabei soll die Analyse bestenfalls den unterschiedlichen Arbeitsbedingungen und -inhalten der einzelnen Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe Rechnung tragen.

Die Datenerhebung erfolgt durch einen Onlinefragebogen, der über ein Schneeballverfahren möglichst viele hauptamtlich beschäftigte Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe erreichen soll. Daher möchten wir alle bitten, über den angegebenen Link an der Befragung teilzunehmen und das Forschungsvorhaben, auch durch Verbreitung, zu unterstützen:  https://www.umfrageonline.com/s/KJH

 

Literatur:

Eichinger, Ulrike (2009): Die Restrukturierung der Rahmenbedingungen Sozialer Arbeit aus der Beschäftigtenperspektive. In: Neue Praxis. Zeitschrift für Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Sozialpolitik 39. Jg./ Heft 2, S. 117-128.

Fuchs, T. (2012): Qualität der Arbeit. In: F. S. Berichterstattung (Hg.): Berichterstattung zur sozioökonomischen Entwicklung in Deutschland. Wiesbaden, S. 417-447.

Karges, R./Lehner, I. M. (2003): Soziale Arbeit zwischen eigenem Anspruch und beruflicher Realität – Veränderung der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsvollzüge. In: Dahme, H.-J./Otto, H.-U./Trube, A./Wohlfahrt, N. (Hg.): Soziale Arbeit für den aktivierenden Sozialstaat. Opladen, S. 333-368.

Kessl, F./Polutta, A./ Thole, W./van Ackern, I./ Dobischat, R. (2014)(Hg.): Prekarisierung der Pädagogik – Pädagogische Prekarisierung - Erziehungswissenschaftliche Vergewisserung. Weinheim und Basel, S. 7-23.

Knieps, F./ Pfaff, H. (2016)(Hg.): BKK Gesundheitsreport 2016. Berlin.

Schmucker, R. (o.J.): Was ist der DGB-Index Gute Arbeit? (http://index-gute-arbeit.dgb.de/dgb-index-gute-arbeit/was-ist-der-index, Stand: 25.01.2017).

 

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